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Ob ich will oder nicht – jeden Tag Zazen

In diesem Jahr habe ich an 43 von 45 Tagen meditiert. Diese zweimal war es einfach unmöglich Zazen zu machen. Einmal weil ich mit den Kindern, die ich ins Bett bringen wollte, eingeschlafen bin. Und einmal ging es mir nicht gut.

Es gab einige Tage an denen ich keine Lust hatte mich auf das Sitzkissen zu setzen, und es dann aber doch tat. Nicht weil ich wollte, sondern weil ich musste. Weil nur derjenige erfolgreich ist, der kurzfristige Stimmungsschwankungen ignoriert und das langfristige Ziel nicht aus den Augen verliert. Diese Sitzungen waren dann sehr unruhig. Doch in den Sitzungen, in denen ich unruhig bin und mich am liebsten ins Bett legen möchte, gerade diese Sitzungen sind wichtig. Ich versuche den Gedanken nur wenig Raum zu geben. Doch gestern hatten mich die Gedanken völlig vereinnahmt, vielleicht auch weil gerade so viel in meinem Leben passiert. Am Ende der Sitzung war mir die Unruhe sehr bewusst, was ich als sehr positiv bewerte. Es werden wieder Sitzungen kommen, in denen nur kurz Gedanken-Blops auftauchen und ich ziemlich leer bin. Leer sein heißt hier nicht leblos, sondern sogar im Gegenteil völlig aufmerksam für meine Umwelt. – So langsam merke ich, dass dieses Meditieren in ein Ritual übergeht, was mich sehr glücklich macht.

Marathon-Mönch oder die Überschreitung unserer selbstgesetzten Grenzen

In Kyoto im Enryaku-Ji auf dem Hiei-Berg leben die sogenannten Marathon-Mönche. Sie sind berühmt für ihre besondere, ja fast übermenschliche, Art der spirituellen Übung die eine schon tausendjährige Tradition hat. Dabei läuft ein Mönch 80 km am Tag auf einem Pilgerweg, und das für 100 aufeinanderfolgende Tage. Dafür läuft er ca. 17 Stunden am Tag und schläft nur zwei Stunden. Der Mönch ist mit einer kleinen Laterne ausgerüstet, da er oft in der Dunkelheit unterwegs ist. Wenn er es nicht schafft die Strecke zu laufen, muss er sofort Selbstmord begehen. Das gibt dem ganzen die nötige Portion Ernst. Am Ende dieser langjährigen Übung kommt ein neuntägiger „Spaziergang“ namens Doiri. Neun Tage ohne Schlaf, ohne Wasser und ohne Essen. Laut der Wissenschaft sollte der Mönch nach einigen Tagen tot sein, aber diese Mönche gehen über diese Grenzen hinaus. Wow, wie inspirierend. Und auch ich mache mir klar, was in unserem Leben möglich ist, wenn wir alles nur mit einem gewissen Ernst durchziehen und die Meinungen der anderen ignorieren.